medstra-News 70/2020
Deutschlandweit kam es zu Beginn der Corona Pandemie angesichts des stark gestiegenen Bedarfs zu drastischen Lieferengpässen an Masken und anderer notwendiger Schutzausrüstung. In der bedrohlichen Mangelsituation musste die Krankenhäuser einen relevanten Anteil der medizinischen Schutzausrüstung bei Händlern erwerben, die vorher nicht mit der Herstellung solcher Güter befasst gewesen sind. Etwa 80 Prozent der Produkte dieser Neueinsteiger weisen nachweislich Mängel auf und zahlreiche Krankenhäuser haben nun mangelhafte und nicht zertifizierte Schutzausrüstung in ihren Beständen. Selbst das zusätzliche Ausrüstungsmaterial, welches unterstützend durch das Bundesgesundheitsministerium (BMG) finanziert und über die Bundesländer verteilt wurde, weist eine vergleichbare Mangelhaftigkeit auf. Allein die Kassenärztliche Vereinigung erhielt um die 1,3 Millionen fehlerhafte Masken vom BMG.
Um die 30 Einrichtungen haben nun Klagen mit einem Gesamtvolumen in Höhe von 30 Millionen Euro gegen die unterschiedlichen Lieferanten erhoben. Die häufigsten rechtlich angegriffenen Mängel sind dabei die fehlende Filtrationsleistung sowie die mangelnde Passgenauigkeit der gelieferten Masken. Die Masken weisen dabei teilweise nur eine Filterleistung von 63 Prozent auf.
Inwieweit das Gesundheitspersonal durch die mangelhafte Ausrüstung zu Schaden gekommen ist, kann ebenfalls retrospektiv nicht mehr nachvollzogen werden. Teilweise liegt sogar eine kriminelle Absicht der Lieferanten nahe, da in Einzelfällen offenbar vor Lieferungen entweder die Kennzeichnung „Nicht für den medizinischen Gebrauch“ auf der Verpackung unkenntlich gemacht worden ist oder eine CE-Kennzeichnung fehlte. Die Fälschungen seien jedoch nicht immer leicht erkennbar, so Carsten Hermes, Sprecher der Sektion Pflege der Deutschen Gesellschaft für Internistische Intensivmedizin und Notfallmedizin (DGIN). Eine schlechte Filterleistung lasse sich optisch nicht erkennen und erfordere teilweise eine genaue Begutachtung durch Sachverständige. Wie groß der Anteil der fehlerhaften Schutzausrüstung in den Krankenhausbeständen ist, lässt sich folglich nicht genau bestimmen. Neben kriminellen Absichten spielte jedoch oftmals Unwissenheit eine große Rolle bei den mangelhaften Lieferungen. Es wird gemutmaßt, dass viele kleinere Händler gar nicht die relevanten Vorgaben kannten, die sie bei der Erstellung des Materials einhalten mussten.