medstra-News 63/2020
Mit steigenden Infektionszahlen und der damit korrelierenden Notwendigkeit intensivmedizinischer Behandlungen bei schweren Krankheitsverläufen nimmt auch die Debatte um die sog. Triage wieder an Fahrt auf. Dabei geht es um die Behandlungspriorisierung bei Patienten angesichts begrenzter Kapazitäten des Gesundheitswesens. Die Konrad-Adenauer-Stiftung hat dazu nun eine Studie mit dem Titel „Triage-Empfehlungen grenzüberschreitet betrachtet“ vorgelegt. Darin wurden Intensivmediziner aus Belgien, Deutschland, Dänemark, Frankreich, Norwegen, den Niederlanden, Schweden, der Schweiz und Großbritannien zu ihren Erfahrungen bei der Handhabung der Triage befragt. Dabei wurde eine große Spannbreite offenbar: Während in Großbritannien verbindliche Vorgaben existieren, bestehen in Dänemark keinerlei Regelungen. Dazwischen liegt Deutschland, wo es zwar einerseits eine Fülle an Empfehlungen, etwa von medizinischen Fachgesellschaften, dem Deutschen Ethikrat oder der Bundesärztekammer gebe. Andererseits fehle aber auch hierzulande eine klare gesetzliche Grundlage, weshalb in der Vergangenheit bereits mehrfach der Ruf nach einem „Triagegesetz“ laut geworden war. Hinzu käme, dass die bestehenden Empfehlungen einander teilweise widersprächen, wie die Autorin der Studie, Katja Gelinsky mitteilt.
Zwischen den Ländern gebe es außerdem teils erhebliche Unterschiede bei der Gewichtung einzelner Entscheidungsfaktoren. Während die handlungsleitende Maxime überwiegend laute, möglichst viele Menschenleben zu retten, herrsche Uneinigkeit etwa bei der Frage nach der Berücksichtigungsfähigkeit des Alters von Patienten oder darüber, ob bereits begonnene Behandlungen abgebrochen werden sollten, um stattdessen Patienten mit voraussichtlich besseren Überlebenschancen zu versorgen.