medstra-News 44/2020
Der Leiter der Zentralstelle für Medizinwirtschaftsstrafrecht (ZMS) bei der Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt am Main steht im Verdacht, Kick-Back-Zahlungen für die Vergabe von Gutachtenaufträgen erhalten zu haben. Im Zuge des Ermittlungsverfahrens durchsuchte die Staatsanwaltschaft Frankfurt am 23.7.2020 deswegen mehrere Objekte, stellte Bargeld und Datenträger sicher, erwirkte Arreste und nahm den Oberstaatsanwalt in Untersuchungshaft.
Nach Angaben der Staatsanwaltschaft soll er in den vergangenen zehn Jahren zahlreiche Aufträge für Gutachten in (medizin)strafrechtlichen Verfahren an die immer gleiche Firma vergeben haben. Diese habe dadurch 90 % ihrer Einnahmen, mehr als 12,5 Millionen Euro, erzielt. Die Firma sei 2005 auf die Initiative des Staatsanwalts gegründet worden sein, als Gegenleistung für die Auftragsvergabe habe er Kick-Back-Zahlungen erhalten, die sich allein für den Zeitraum von August 2015 bis Juli 2020 auf über 240.000 Euro summiert haben sollen.
Am 5.8.2020 wurde zudem bekannt, dass der Staatsanwalt außerdem im Jahr 2014 auf eine weitere Firma zugegangen sein soll, die auf IT-Forensik spezialisiert ist und zu diesem Zeitpunkt finanziell unter Druck gestanden haben soll. Er soll den Gesellschaftern gegen entsprechende Zahlungen eine verstärkte Zusammenarbeit angeboten haben. Von dieser Firma seien dann monatlich Barbeträge an ihn geflossen, insgesamt eine höhere fünfstellige Summe. Mittlerweile wird gegen insgesamt fünf Verdächtige ermittelt.
Der Fall zieht mittlerweile auch politische Kreise. So hat sich der Rechtsausschuss des hessischen Landtags am 6.8.2020 mit der Korruptionsaffäre beschäftigt. Die hessische Justizministerin Eva Kühne-Hörmann (CDU) hat bereits zu Beginn der Sitzung weitreichende Konsequenzen angekündigt: So soll unter anderem das Vier-Augen-Prinzip bei der Vergabe von Gutachtenaufträgen auch bei der Generalstaatsanwaltschaft in Frankfurt eingeführt werden und die Zentralstelle für Medizinwirtschaftsstrafrecht bei der Staatsanwaltschaft abgewickelt werden.