medstra-News 10/2021
Nachdem das Bundesverfassungsgericht bereits im Februar 2020 entschieden hatte, dass das bisher in § 217 StGB normierte Verbot der geschäftsmäßigen Förderung der Selbsttötung verfassungswidrig und das Grundrecht auf selbstbestimmtes Sterben vom Gesetzgeber zu respektieren sei, haben nunmehr Abgeordnete verschiedener Fraktionen Vorschläge zur Neuregelung der Suizidbeihilfe unterbreitet.
Im Zentrum der Diskussion steht dabei der Vorstoß von Katrin Helling-Plahr (FDP), Karl Lauterbach (SPD) und Petra Sitte (Die Linke), nach dem Suizidwillige künftig verpflichtend an einer Beratung teilzunehmen und eine Wartefrist von 10 Tagen einzuhalten haben, bevor an sie tödlich wirkende Medikamente abgegeben werden dürfen. Dazu soll das Betäubungsmittelgesetz geändert werden, sodass es Ärzten erstmals möglich wird, Natrium-Pentobarbital zu verschreiben. Als zusätzliche Sicherung der Freiverantwortlichkeit des geplanten Suizids trete laut Helling-Plahr die Darlegung der Einwilligungsfähigkeit und der Dauerhaftigkeit des Todesentschlusses hinzu. Die Politikerin betonte weiter, dass es einen gegen die Autonomie des Individuums gerichteten Lebensschutz nicht geben dürfe und der Gesetzesentwurf vor diesem Hintergrund das Recht eines jeden Menschen auf einen selbstbestimmten Tod in den Fokus rücke. Hinsichtlich der konkreten Umsetzung sind unentgeltliche Beratungen in öffentlich finanzierten Einrichtungen – auch durch konfessionsgebundene Klinik- oder Heimträger – vorgesehen. Gleichzeitig unterstrichen die Politiker, dass es keine Verpflichtung der Ärzte zur Suizidbeihilfe geben werde, appellierten indes aber an die Ärztekammern, entgegenstehendes Berufsrecht zu überarbeiten, um hilfswilligen Ärzten eine Teilnahme zu ermöglichen.
Zeitgleich legten Renate Künast und Katja Keul (beide Bündnis 90/Die Grünen) einen eigenen Vorschlag vor, mit dem sie die Debatte nach eigenen Angaben intensivieren möchten. Dabei soll bei der Sterbehilfe danach differenziert werden, ob dem Todeswunsch eine schwere Erkrankung oder eine andere Ursache zugrunde liegt. In ersterem Fall müsse ein Arzt den Sterbewillen prüfen und gleichzeitig alternative Vorschläge zur Minimierung des Leidensdrucks unterbreiten. Eine Verschreibung tödlicher Medikamente komme erst nach Bestätigung durch einen zweiten Arzt in Betracht.