medstra-News 26/2021 vom 1.4.2021
Wie das OVG Nordrhein-Westfalen am 24. März entschied (Az. 9 B 50/21), haben Suizidwillige im einstweiligen Rechtschutzverfahren keinen Anspruch darauf, von den zuständigen staatlichen Stellen die zu einer Selbsttötung notwendigen Medikamente zur Verfügung gestellt zu bekommen. Der Antragsteller, der neben Chorea Huntington auch an chronischer Leukämie leidet, hatte sich unter Hinweis auf sein allgemeines Persönlichkeitsrecht zuvor erfolglos darum bemüht, vom Bundesamt für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) die Erlaubnis zum Erwerb von Natriumpentobarbital zu erhalten. Wie zuvor schon das VG Köln sah aber auch das OVG dafür keine Handhabe, da die Umsetzung des Sterbewunsches unumkehrbar sei und damit die Entscheidung in der Hauptsache bereits vorwegnehme. Insbesondere sei schon nicht hinreichend sicher, dass der Antragsteller seinen Suizidentschluss freiverantwortlich gefasst habe. Entsprechende Zusicherungen seinerseits reichten insoweit nicht aus, es bedürfe vielmehr einer umfassenden Prüfung etwa hinsichtlich der Freiheit von psychischen Erkrankungen oder der Einflussnahme Dritter. Dies gelte angesichts des hohen Stellenwertes der betroffenen Rechtsgüter auch ohne eine – bisher noch ausstehende – gesetzliche Regelung.
Die Entscheidung ist dabei, wie auch das OVG betont, vor dem Hintergrund des Grundsatzurteils des BVerfG vom 26. Februar 2020 zu lesen, wonach das allgemeine Persönlichkeitsrecht aus Art. 2 Abs. 1 iVm Art. 1 Abs. 1 GG als Teilausprägung auch das Recht auf selbstbestimmtes Sterben umfassen soll. Das Gericht erklärte daher den bisher geltenden § 217 StGB für verfassungswidrig, seitdem wird um eine gesetzliche Neuregelung gerungen. Das BVerfG stellte indes in einem weiteren Urteil vom 10. Dezember 2020 klar, dass es Suizidwilligen bis dahin zumutbar sei, nach Alternativen zu dieser Form der medikamentösen Selbsttötung zu suchen, etwa durch Inanspruchnahme medizinisch kundiger Suizidbeihelfer.