medstra-News 34/2021 vom 4.5.2021
Experten aus Medizin, Psychologie, Ethik sowie Recht und Politik plädierten auf der Veranstaltung „30 Jahre Embryonenschutzgesetz: Medizinischer Fortschritt, gesellschaftlicher Wandel und politischer Handlungsbedarf“ der Nationalen Akademie der Wissenschaften Leopoldina und der Konrad-Adenauer-Stiftung am 22. April 2021 nahezu einstimmig für eine Reform der Fortpflanzungsrechts.
Das 30 Jahre alte Embryonenschutzgesetz (ESchG) sei angesichts vieler neuer reproduktionsmedizinischer Entwicklungen nunmehr veraltet, in sich nicht mehr stimmig und lückenhaft, sodass es zu erheblichen Rechtsunsicherheiten und Gerechtigkeitsunstimmigkeiten bei der Rechtsanwendung komme. Fraktionsübergreifend wurde daher politischer Reformbedarf angemahnt und die Einsetzung einer Enquêtekommission für die kommende Legislaturperiode in Aussicht gestellt. Zusätzlich zum Reformbedarf des ESchG war man sich einig, dass auch biomedizinische, familienpolitische und weitere rechtliche Fragen in der Reformdebatte zu klären seien.
Die gesundheitspolitische Sprecherin der Unionsfraktion, Karin Maag, betonte, dass im Zuge des Reformprozesses die Gültigkeit des bestehenden Lebensschutzkonzeptes im Gesetz nicht außer Acht gelassen werden dürfe. Zentral müsse weiterhin der Schutz menschlichen Lebens im Mittelpunkt der Debatte stehen und damit der verfassungsrechtliche Status des Embryos sowie der Zeitpunkt des Beginns seines Würdeschutzes Beachtung finden. Die SPD-Politikerin Sabine Dittmar sah vor allem die geltende Dreierregel, nach der bei In-vitro-Fertilisation alle drei befruchteten Embryonen in den Uterus übertragen werden müssen und damit das Risiko einer Mehrlingsschwangerschaft steige, als reformbedürftig an. Sie solle durch den Elective-Single-Embryo-Transfer ersetzt werden. Der alleinig einzusetzende Embryo wird dabei vor seiner Übertragung hinsichtlich seiner Entwicklungsfähigkeit ausgewählt.
Kirsten Kappert-Gonther vom Bündnis 90/Die Grünen richtete den Schwerpunkt der Diskussion auf familienrechtliche Fragen, indem sie die Stärkung der Gleichberechtigung homosexueller Partnerschaften im Zuge der Novellierung forderte und dabei den Blick auf die bis dato verbotene Eizellenspende richtete. Kappert-Gonther forderte vor allem die klare Differenzierung zwischen der auch weiterhin zu verbietenden Eizellspende aus kommerziellen Gründen und einer notwendigen Regelung der Spende aus altruistischen Gründen. Katrin Helling-Plahr, Gesundheitspolitikerin der FDP, stimmte der Legalisierung der Eizellspende zu und forderte eine grundsätzliche Ausrichtung des neuen ESchG nicht anhand von strafrechtlichen Verboten, sondern am Selbstbestimmungsrecht der Individuen mit Kinderwunsch. Dabei sieht sie auch die derzeit in Deutschland noch verbotene Leihmutterschaft unter bestimmten Voraussetzungen als vertretbar an, um vor allem dem Rückgriff auf ausländische Leihmütter zuvorkommen zu können, der mit sozialen Ungerechtigkeiten einhergehe