medstra-News 44/2021 vom 18.6.2021
Nach Korruptionsvorwürfe gegen zwei leitende Mitarbeiter der Barmer Ersatzkasse sowie eines ehemaligen Mitglieds des Vorstands der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) Berlin hat die Staatsanwaltschaft nach mehrjährigen Ermittlungen Anklage erhoben. Der Sprecher der Behörde Martin Steltner teilte mit, dass den Führungskräften der Barmer-GEK Bestechung und Untreue, dem ehemaligen Vorstandmitglied der KV Berlin Bestechlichkeit und Beihilfe zur Untreue vorgeworfen wird. In der KV Berlin sollen in gemeinsamer Absprache der drei Führungskräfte zwischen Juli 2015 und November 2017 Diagnosen in Abrechnungen nachträglich ohne Wissen der Ärzte manipuliert worden sein, um die Versicherten kränker darzustellen als sie laut ursprünglicher ärztlicher Diagnose eigentlich waren. Zudem seien nicht existente Krankheitsdiagnosen der Versicherungsnehmer hinzugefügt worden. Für die veränderten Abrechnungen bekam die Barmer-GEK mehr Geld aus dem Gesundheitsfonds des Bundes ausgezahlt. Insgesamt soll sich der Schaden auf mind. 85 Mio. € beziffern. Für ihre Unterstützung beim Umkodieren soll die KV Berlin von der Barmer-GEK einen Betrag von 250.000 € erhalten haben. Weitere 500.000 € waren in Aussicht gestellt worden.
Die Barmer Ersatzkasse hat die Tatvorwürfe von sich gewiesen, man habe „nicht plausibel kodierte Diagnosen bei der lückenhaften Dokumentation chronischer Erkrankungen“ nach deren Prüfung korrigiert. Auch die KV Berlin sprach lediglich von einer „Datenkorrektur“. Das Landgericht Berlin hat nun über die Eröffnung des Hauptverfahrens zu entscheiden.
Das Bundesamt für Soziale Sicherung (BAS) als zuständige Aufsichtsbehörde ermittelt seinerseits gegen die Barmer-GEK und die KV Berlin. Bereits 2020 verlangte die BAS 30 Mio. € von der Barmer Ersatzkasse zurück, folgend kam es zu einem weiteren Rückzahlungsbescheid über weitere 66 Mio. €. Die Barmer-GEK hat angegeben, gegen diese Bescheide klagen zu wollen.