medstra-News 55/2021 vom 17.8.2021
Auch in Italien ist die Diskussion über eine Neuregelung der Sterbehilfe derzeit in vollem Gange. Bislang sind in dem Land sowohl Anstiftung als auch Beihilfe zur Selbsttötung (Art. 580 cp) sowie Tötung auf Verlangen (Art. 579 cp) strafbar. Ende 2019 hatte der italienische Verfassungsgerichtshof das strafrechtliche Verbot der Beihilfe zum Suizid allerdings für teilweise verfassungswidrig erklärt, was die Debatte um die Legalisierung von Sterbehilfe im Land wieder in Gang gebracht hat.
Am 7.7.2021 wurde dann ein erster Schritt in Richtung gesetzliche Regelung unternommen. Zwei Kommissionen des italienischen Parlaments billigten den Entwurf für ein Gesetz, das sich eng an den Vorgaben des Verfassungsgerichts orientiert. Nach diesem Gesetz könnten einwilligungsfähige Patienten, die an einer schwerwiegenden, unheilbaren Krankheit mit unerträglichen Schmerzen leiden und künstlich am Leben erhalten werden, Beihilfe zum Suizid erhalten.
Vielen geht dieser Entwurf, der ohnehin noch einige parlamentarische Hürden passieren muss, aber nicht weit genug. So hat die Organisation „Luca Coscioni“ ein Referendum initiiert, um Art. 579 cp teilweise abzuschaffen und damit Tötung auf Verlangen unter bestimmten Umständen zu legalisieren. „Luca Coscioni“ setzt sich seit vielen Jahren für eine Liberalisierung von Sterbehilfe in Italien an. Vorbild für das Referendum seien die europäischen Länder, in denen Tötung auf Verlangen bereits teilweise legalisiert worden sind, darunter die Niederlande und neuerdings auch Spanien und Portugal. Die Organisatoren beziehen sich aber auch explizit auf die Grundsätze, die das deutsche Bundesverfassungsgericht letztes Jahr in seinem wegweisenden Urteil zur Sterbehilfe niedergelegt hat.
Das Referendum sieht vor, dass Tötung auf Verlangen nur dann bestraft werden kann, wenn das Opfer minderjährig ist oder verschiedene Situationen vorliegen, die die Einsichtsfähigkeit ausschließen. Die erforderlichen 500.000 Unterschriften wurden nach Angaben der Organisation bereits Mitte August und damit über eineinhalb Monate vor Ablauf der entsprechenden Frist Ende September erreicht. Bevor aber eine bindende Volksabstimmung über den Vorschlag stattfinden kann, muss diese noch vom Verfassungsgericht zugelassen werden.