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Arzt verschreibt Cannabis ohne vorherige Untersuchung – Dreieinhalb Jahre Haft

medstra-News 9/2022 vom 16.2.2022

Das Landgericht München I hat einen Münchner Arzt wegen der unerlaubten gewerbsmäßigen Verschreibung von Betäubungsmitteln gem. § 29 Abs. 1 Nr. 6 lit. a), Abs. 3 Nr. 1 BtMG zu dreieinhalb Jahren Haft verurteilt. Dieser hatte in 539 Fällen Cannabis an seine Patienten verordnet, ohne diese zuvor untersucht und eine Diagnose für den begründeten Bedarf gestellt zu haben. Gegen den Angeklagten wurde zudem ein Berufsverbot nach § 70 Abs. 1 StGB verhängt.

Mit dem Gesetz zur Änderung betäubungsmittelrechtlicher und anderer Vorschriften vom 06.03.2017 wurde es Ärzten durch die Einfügung des § 31 Abs. 6 SGB V erlaubt, ihren Patienten Cannabis zu medizinischen Zwecken mit dem Vorbehalt zu verordnen, dass die Geeignetheit und Erforderlichkeit der Anwendung mittels einer vorherigen ärztlichen Untersuchung bescheinigt wird.

Laut Angaben des Landgerichts konsultierten die Patienten den 68-jährigen Arzt nicht in seiner Praxis, sondern in verschiedenen Cafés und Restaurants in München, woraufhin dieser den Patienten zwischen 120 und 150 Euro für eine erste Verschreibung und 60 Euro für Folgeverschreibungen in Rechnung stellte. Insgesamt belaufen sich die „Taterträge“ auf eine Summe in Höhe von 47.700 Euro. Darüber hinaus fehlte es den Räumlichkeiten der Praxis ohnehin bereits an einer tauglichen Ausstattung für „eine Untersuchung und ordnungsgemäße Diagnosestellung“. 

Die Kammer stellte fest, dass der 68-Jährige mit seinem Verhalten „seine Pflichten als Arzt grob verletzt“ und sich hierdurch finanziell bereichert habe. Hinsichtlich des Strafrahmens kam dem Angeklagten sein „freiwilliger Verzicht auf die Approbation sowie sein von Schuldeinsicht und Reue getragenes Geständnis“ strafmildernd zugute.  

Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Sowohl die Verteidigung als auch die Staatsanwaltschaft können gem. § 341 Abs. 1 StPO binnen einer Woche Revision zum Bundesgerichtshof einlegen. 


Verlag C.F. Müller

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