medstra-News 12/2022 vom 8.3.2022
Nachdem in der Causa Högel (medstra-News 33/2019) die Anklage gegen acht seiner ehemaligen Vorgesetzten vor dem Landgericht Oldenburg zugelassen wurde (medstra-News 67/2021 sowie 92/2021), ist der bis Juni 2019 zu lebenslanger Haftstrafe wegen insgesamt 87-fachen Mordes verurteilte Krankenpfleger Anfang März in den Zeugenstand berufen worden. Begangen hatte Högel die Taten in den Jahren 2000 bis 2005, indem er Patienten Medikamenten verabreicht hatte, um eine spätere Reanimation durchführen zu können, wobei regelmäßig Wiederbelebungsversuche scheiterten. Konkret geht es in dem Prozess gegen die Vorgesetzten um drei Morde Högels im Oldenburger Klinikum sowie drei Morde und zwei Mordversuche in Delmenhorst. Ein weiteres Verfahren gegen einen Pflegeleiter aus Delmenhorst wurde aus gesundheitlichen Gründen abgetrennt. Den Vorgesetzten wird Beihilfe zum Totschlag bzw. zum versuchten Totschlag durch Unterlassen vorgeworfen. Högel soll durch seine Aussage wichtige Indizien liefern, inwieweit die Morde in den Kliniken gemäß der Anklage der Oldenburger Staatsanwaltschaft mit an „Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit“ von den jeweiligen Klinik- bzw. Pflegeleitungen hätten verhindert werden können. Die Aussagen werden jedoch mit Vorsicht zu betrachten sein, so der Vorsitzende Richter der Strafkammer. Bereits im vorangegangenen Prozess seiner eigenen Verurteilung wurde Högel durch ein psychologisches Sachverständigengutachten „hohe Lügenneigung und eine hohe Lügenbereitschaft“ attestiert, sodass mit qualitativ hochwertigen Falschaussagen zu rechnen sei. Insgesamt sind 42 Verhandlungstermine für den Prozess veranschlagt worden.