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Korruptionsskandal in der Frankfurter Generalstaatsanwaltschaft

medstra-News 13/2022 vom 8.3.2022

Der ehemalige Leiter der Zentralstelle für Medizinwirtschaftsstrafrecht (ZMS) bei der Frankfurter Generalstaatsanwaltschaft, Alexander B., steht weiter unter dringendem Tatverdacht der gewerbsmäßigen und fortgesetzten schweren Bestechlichkeit in 101 Fällen. Dem Oberstaatsanwalt B. wird für einen Zeitraum zwischen 2015 und 2020 vorgeworfen, in von ihm geführten Ermittlungsverfahren Kick-back-Zahlungen für die Vergabe von Gutachteraufträgen, insbesondere zu Fragen des Abrechnungsbetruges, erhalten zu haben. Im Sommer 2020 wurde B. von der Staatsanwaltschaft Frankfurt bereits festgenommen, einige Woche später jedoch aus der Untersuchungshaft entlassen, da er sich Medienberichten zufolge weitestgehend geständig gezeigt habe. Nachdem sich Anfang Februar weitere Verdachtsmomente wegen Untreue und Steuerhinterziehung erhärtet hatten, befindet sich B. nach jüngsten Angaben der Frankfurter Staatsanwaltschaft wieder in Untersuchungshaft. Aus Sicht der Justiz besteht aufgrund des neuen Ausmaßes der Vorwürfe nunmehr Fluchtgefahr. 

Insgesamt soll sich der angerichtete Schaden für das Land momentan auf 558.000 € belaufen. Die Summe könnte sich aber nach Angaben der Staatsanwaltschaft im Laufe der Ermittlungen noch erhöhen. Zudem werde untersucht, inwieweit weitere Diensthabende der Frankfurter Generalstaatsanwaltschaft in die Korruptionsvorwürfe verwickelt sind. Nach eigenen Angaben ermittelt die Staatsanwaltschaft Frankfurt gegen acht weitere Beschuldigte.

Rund um den Skandal geriet auch die hessische Justizministerin Eva Kühne-Hörmann (CDU) unter Druck. Die Oppositionsparteien SPD und FDP werfen ihr Aufsichtsversagen vor. Gerald Kummer, rechtspolitischer Sprecher der SPD-Fraktion bemängelt, dass die Affäre bewusst klein gehalten werde. Die Justizministerin müsse nun „im Rechtsausschuss und vor der Öffentlichkeit das ganze Ausmaß der Affäre darstell[en].“ Auch die rechtspolitische Sprecherin der Liberalen, Marion Schardt-Sauer, hielt der Ministerin vor, die Aufklärung zu verschleppen und in ihrer Verantwortung als Dienstherrin zu erklären, „wie sich unter ihrer Verantwortung so ein System über viele Jahre etablieren konnte.“

In einer Sondersitzung des Rechtsausschusses am 7. März 2022 äußerte sich die Justizministerin zum Stand der Ermittlungen. Besonders brisant war die Erkenntnis, dass B. nach Aussetzung seiner Untersuchungshaft bei einer anderen Ermittlerin der Generalstaatsanwaltschaft eingezogen war und sich mit dieser verlobt hatte. Bei ihrer Vernehmung berief sich die Oberstaatsanwältin auf ihr Zeugnisverweigerungsrecht. Nach Angaben von Kühne-Hörmann war die Oberstaatsanwältin jedoch nicht in die laufenden Ermittlungen gegen B. involviert. Ihre Bedeutung für das Verfahren werde von der ermittelnden Frankfurter Staatsanwaltschaft als nicht allzu groß eingeschätzt. Im Zuge der Sondersitzung blieb das genaue Ausmaß des Sachverhalts weiterhin im Unklaren.


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