medstra-News 36/2023 vom 12.4.2023
Nach elf Monaten Verhandlung neigt sich der vor der Großen Strafkammer des Hamburger Landgerichts geführte Prozess wegen des Todes eines neunjährigen Patienten einer Harburger HNO-Praxis dem Ende zu. Für den heute 65-jährigen Operateur beantragte die Staatsanwaltschaft wegen Körperverletzung mit Todesfolge eine einjährige Bewährungsstrafe, für den Mitinhaber der Praxis wegen Beihilfe hierzu eine Geldstrafe von 150 Tagessätzen zu je 120 Euro.
Der Neunjährige war 2007 im Nachgang einer in der Praxis der Angeklagten durchgeführten Nasenoperation verstorben, nachdem es infolge der Narkose im Aufwachraum zu Komplikationen gekommen war. Die zuständige Anästhesistin war deswegen bereits 2009 zu einer Geldstrafe verurteilt worden. Nachdem das Verfahren gegen die beiden Praxisinhaber mangels hinreichenden Tatverdachts zunächst eingestellt worden war, kam es nach einer erfolgreichen Verfassungsbeschwerde der Eltern zur Wiederaufnahme der Ermittlungen, Mitte 2022 startete der Prozess vor dem Landgericht. Die Staatsanwaltschaft hält den Ärzten hierbei vor, das Kind im Aufwachraum nicht ausreichend überwacht zu haben. Zudem sei die Praxis personell und apparativ nicht so ausgestattet gewesen, wie es dem medizinischen Standard entsprochen hätte. Auf die sich daraus bei der Operation für den Jungen ergebenden besonderen Risiken habe der Arzt den Vater bei der vorausgegangenen Aufklärung schließlich bewusst nicht aufmerksam gemacht.