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Chirurg operiert stark alkoholisiert: Freiheitsstrafe auf Bewährung

medstra-News 46/2024 vom 25.6.2024

Das Landgericht Osnabrück hat einen Chirurgen zu einer neunmonatigen Freiheitsstrafe auf Bewährung verurteilt. Mit unkoordinierten Handbewegungen und stark alkoholisiert operierte der Mediziner eine Notfallpatientin am Blinddarm. Der Operateur wurde von seinem Team gestoppt, nachdem dieser anfing, die Operation nicht mehr minimalinvasiv vorzunehmen, sondern seiner Patientin mit einem elektrischen Instrument den Bauch aufschnitt. Nachdem der Chefarzt informiert worden war, habe er den Operateur sofort vom OP-Tisch wegbeordert. 

Die Vorsitzende Richterin Nicole Hellmich sagte, es sei unstreitig, dass es sich bei dem Verhalten des heute 56-jährigen Arztes um eine gefährliche Körperverletzung handelt. Dem Mediziner sei bewusst gewesen, dass er zum Zeitpunkt der Operation unter Alkoholeinfluss gestanden habe, er habe sich schließlich deswegen von seiner Frau in die Klinik fahren lassen.

Der Verteidiger des Chirurgen hatte Berufung gegen das Urteil des Amtsgerichts Osnabrück – das seinen Mandanten zu einer zehnmonatigen Bewährungsstrafe verurteilte – eingelegt. Es handele sich lediglich um eine fahrlässige Körperverletzung, argumentierte er. Hierbei verwies er auf die Einwilligung der Patientin in die Operation und darauf, dass Patienten sich ihren Operateur grundsätzlich nicht selbst aussuchen können. Dieser Argumentation folgte das Gericht nicht. Patienten müssten darauf vertrauen können, dass der operierende Arzt nicht alkoholisiert sei, so die Vorsitzende Richterin: „Niemand würde sich von einem betrunkenen Arzt operieren lassen.“

Unter anderem deshalb, weil der Arzt im Berufungstermin noch bei seiner Patientin um Entschuldigung bat, verringerte das Gericht die Haftstrafe um einen Monat. Der Anwalt versprach zudem die Zahlung eines Schmerzensgeldes in Höhe von 3.000 Euro. 

Einer Unternehmenssprecherin zufolge habe sich die Klinik nach dem Vorfall von dem Arzt getrennt und Anzeige erstattet. Nach eigenen Angaben habe der Mediziner bereits eine neue Beschäftigung in einem anderen Krankenhaus gefunden.
 


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