medstra-News 51/2025 vom 12.5.2025
Der BGH hat die Revision eines 82-jährigen Arztes gegen eine Verurteilung wegen Totschlags in mittelbarer Täterschaft verworfen (Beschluss vom 29.1.2025 – 4 StR 265/24). Das LG Essen hatte ihn im Februar 2024 zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt, nachdem er einem psychisch kranken Patienten Hilfe zum Suizid geleistet hatte.
Nach den Feststellungen des LG Essen erstellte der Facharzt für Neurologie und Psychiatrie seit 2003 freiberuflich gegen Vergütung Gutachten zur Frage der Freiverantwortlichkeit von Suizidentscheidungen. Ein solches Gutachten hatte der Arzt auch für den Geschädigten in dem vorliegenden Fall erstellt. Zudem legte er ihm im August 2020 eine Infusion mit einem tödlich wirkenden Medikament, an dem der Patient verstarb, nachdem er das Ventil selbst geöffnet hatte.
Ein anderer Gutachter stellte später fest, dass der Patient aufgrund einer schweren psychischen Erkrankung nicht zu einer freiverantwortlichen Entscheidungsfindung in der Lage gewesen sei. Der Patient hatte nach den Urteilsfeststellungen seit vielen Jahren an einer paranoiden Schizophrenie mit Wahnvorstellungen und Depressionen gelitten und war deswegen auch mehrmals stationär behandelt worden.
Das LG Essen sah in der Tat einen Totschlag in mittelbarer Täterschaft. Der Arzt habe erkannt, dass der Suizidentschluss nicht auf einem freiverantwortlichen Willensentschluss beruhte, und er habe in Kenntnis dessen die Tatherrschaft über das Geschehen gehabt.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs verwarf bereits im Januar 2025 die Revision und veröffentlichte die Entscheidung nun (Pressemitteilung). Die Verurteilung begegne keinen rechtlichen Bedenken; insbesondere habe das Landgericht die Unfreiwilligkeit des Suizids tragfähig belegt und nicht etwa pauschal aus der psychischen Erkrankung des Geschädigten abgeleitet. Das Urteil ist damit rechtskräftig.
Eugen Brysch, Vorstand der Deutschen Stiftung Patientenschutz, forderte laut Legal Tribune Online, den Schutz von Patienten beim assistierten Suizid gesetzlich zu regeln und die gewerbsmäßige Förderung der Selbsttötung grundsätzlich unter Strafe zu stellen. Wo Suizidassistenzleistungen gegen Vergütung erbracht würden, gehe die Selbstbestimmung verloren.