medstra-News 103/2025 vom 11.11.2025
Im Jahr 2024 hat der Medizinische Dienst (MD) bundesweit insgesamt 12.304 fachärztliche Gutachten zu vermuteten Behandlungsfehlern erstellt. Das ergibt sich aus der jährlichen Statistik, die der MD am 30. Oktober vorstellte.
Die Gutachter des MD stellten in etwas mehr als jedem vierten Fall, also in insgesamt 3.301 Fällen, einen Behandlungsfehler mit Schaden fest, wobei dieser Schaden in 2.825 Fällen auch kausal auf den Behandlungsfehler zurückführbar war. Unter den festgestellten Behandlungsfehlern waren 134 sog. Never Events, also besonders schwerwiegende und gleichzeitig vermeidbare Behandlungsfehler wie Patientenverwechslungen. Die Zahl liegt etwas niedriger als die 151 Fälle, die der MD 2023 festgestellt hatte; insgesamt waren die Zahlen jedoch vergleichbar mit denen aus den Vorjahren.
Die Zahlen des MD sind nicht repräsentativ für die Prävalenz von Behandlungsfehlern in Deutschland. Der MD selbst geht auf der Basis von wissenschaftlichen Studien zum Dunkelfeld davon aus, dass insgesamt nur 3 Prozent aller vermeidbarer Schadensfälle überhaupt nachverfolgt und statistisch erfasst wird.
Lege man diese Zahlen an, so der MD in seiner Pressemitteilung, ließen sich 15 Prozent der Krankenhauskosten aus erneuten Eingriffen, Invalidität, Pflegebedürftigkeit oder Tod auf vermeidbare Behandlungsfehler zurückführen – ein Betrag von 15 Milliarden Euro. Der Wissenschaftler Professor Dr. Reinhard Busse (TU Berlin) betonte, dass die ökonomischen Schäden durch vermeidbare Fehler in Deutschland unterschätzt würden: „Das Unterlassen von Fehlervermeidung kostet ein Vielfaches – in Geld, aber vor allem in vermeidbarem menschlichem Leid“. Der Vorstandsvorsitzende des MD Bund, Dr. Stefan Gronemeyer, forderte, dass die Verbesserung der Patientensicherheit ein gesundheitspolitisches Ziel sein müsse, um die „enormen Kosten“ für Folgeuntersuchungen und Nachbehandlungen zu vermeiden. Eine wichtige Maßnahme sei dabei eine transparente Informationskultur. Zudem müssten systematische Präventionsmaßnahmen umgesetzt werden. Voraussetzung dafür sei ein obligatorisches, sanktionsfreies Meldesystem.
