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BVerfG: Regelung zur Triage im Infektionsschutzgesetz verfassungswidrig

medstra-News 104/2025 vom 11.11.2025

Der Erste Senat des Bundesverfassungsgerichts hat den 2022 eingeführten § 5c IfSG, in dem der Bundes-Gesetzgeber erstmals Vorgaben zur Triage im Fall einer Pandemie getroffen hat, für verfassungswidrig und nichtig erklärt. In dem Beschluss vom 23.9.2025 – 1 BvR 2284/23 u. 2285/23, veröffentlicht am 4. November 2025, entschied der Senat, dass der Bund keine Gesetzgebungskompetenz für die Regelung gehabt habe. Zum umstrittenen Inhalt der Regelung äußerte sich der Senat in seiner Entscheidung indes nicht. Im Rahmen der Prüfung der Zulässigkeit der Beschwerde betonte der Senat jedoch, dass die Beschwerdeführer – allesamt Ärzte – die Möglichkeit hinreichend substantiiert geltend gemacht haben, in ihrer Berufsausübungsfreiheit aus Art. 12 Abs. 1 GG verletzt zu sein. Eine mögliche Verletzung der Gewissensfreiheit, Art. 4 Abs. 1 GG, mochte das Gericht hingegen nicht zu erkennen.

Geklagt hatten verschiedene Ärzte, die sich durch diese Vorgaben in ihrer Berufsfreiheit unzulässig eingeschränkt sahen. Entsprechend positiv fielen auch die Reaktionen der organisierten Ärzteschaft auf das Urteil aus. Der Marburger Bund begrüßte die Entscheidung des BVerfG als eine „für die gesamte Ärzteschaft höchst bedeutsame Entscheidung“, wie die erste Vorsitzende Susanne Johna. Auch der Präsident der Bundesärztekammer, Klaus Reinhardt, erklärte, das Urteil stelle sicher, dass medizinische Entscheidungen auf der Basis medizinisch-fachlicher Beurteilung getroffen werden könne.

Der Intensivmediziner Christian Karagiannidis begrüßte die Entscheidung zwar ebenfalls, betonte aber, dass das Urteil noch keine endgültige Klarheit geschaffen habe, da das BVerfG allein über Zuständigkeitsfragen entschieden habe. Auch Professor Dr. Stefan Huster (Ruhr-Universität Bochum) wies in einer Stellungnahme darauf hin, dass sich die Entscheidung nicht inhaltlich mit den genauen Triage-Kriterien befasst habe. Er befürchtet daher einen Flickenteppich an Triage-Regelungen, was der Herstellung von Rechtssicherheit abträglich sei.

Die Bundesgesundheitsministerin Nina Warken (CDU) kündigte an, den Beschluss des BVerfG genau zu prüfen und gemeinsam mit den Ländern die notwendigen Schlüsse ziehen zu wollen.


Verlag C.F. Müller

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