Logo C.F. Müller
Sachverständige uneins über Gegenmaßnahmen bei Gehsteigbelästigungen

medstra-news 38/2024 vom 17.5.2024

Die Bundesregierung möchte Schwangere, die sich hinsichtlich einer Abtreibung beraten lassen, wirksamer vor Gehsteigbelästigungen durch Abtreibungsgegner schützen. Außerdem soll dafür Sorge getragen werden, dass das Fachpersonal in den Beratungsstellen ungestört arbeiten kann.

Die Sachverständigen verschiedener Verbände waren sich bei einer Anhörung des Ausschusses für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vergangenen Montag uneins, ob die beabsichtigten Maßnahmen zielführend sind. Die geplante Änderung des Schwangerschaftskonfliktgesetzes sieht mitunter vor, in einem Umfeld von 100 Metern um den Eingangsbereich der Beratungsstellen „nicht hinnehmbare Verhaltensweisen“ zu untersagen, wenn diese den Zugang zu den jeweiligen Einrichtungen oder die Beratung beeinträchtigen.

Nach Claudia Hohmann, Leiterin der Beratungsstelle Pro Familia Frankfurt am Main, haben die Belagerungen von den Beratungsstellen zugenommen. Ihr Appell lautet, dass keine Beeinflussung vor den Beratungsstellen stattfinden dürfe. Auch Karsten Scholz, Vertreter der Bundesärztekammer, befürwortete die Einführung von Belästigungsverboten. Daniela Schneckenburger vom Deutschen Städtetag nach kann der Entwurf zu einem bundeseinheitlichen und rechtssicheren Umgang beitragen. 

Tomislav Čunović, Geschäftsführer des Vereins „40 Days for Life International“, kritisiert den Entwurf als unverhältnismäßigen Eingriff in die Versammlungsfreiheit. Steffen Augsberg von der Justus-Liebig-Universität Gießen betrachtet ihn sogar als überflüssig, da Beleidigungen, Bedrohungen und Nötigungen schon jetzt geregelt seien. Proteste hingegen seien durch die Grundrechte der Meinungs- und Versammlungsfreiheit geschützt. Sigrid Boysen von der Helmut-Schmidt-Universität in Hamburg sieht dagegen keinen unzulässigen Eingriff in die Meinungs- oder Versammlungsfreiheit. Sie argumentiert, es gehe in dem Fall nicht um einen Meinungskampf im öffentlichen Raum, sondern vielmehr darum, die verpflichtende Beratungslösung zu schützen. 


Verlag C.F. Müller

zurück zur vorherigen Seite