medstra-News 95/2024 vom 19.12.2024
Der Gesetzentwurf zur Neuregelung des Schwangerschaftsabbruchs, der im November von einer fraktionsübergreifenden Abgeordnetengruppe vorgestellt wurde (s. medstra-News 80/2024), ist am 5. Dezember im Bundestag in erster Lesung beraten worden. Zu dem Zeitpunkt hatten bereits 328 Abgeordnete von SPD, Grünen und Linken den Entwurf unterzeichnet und damit ihre Zustimmung signalisiert. Auch Abgeordnete der BSW-Gruppe wollen den Antrag unterstützen.
Die Unionsfraktion hingegen lehnt den Antrag ab. Bereits vor der Bundestagsdebatte äußerte sich der CDU-Vorsitzende Friedrich Merz kritisch: Das Thema polarisiere die Gesellschaft wie kein zweites und sei geeignet, einen gesellschaftspolitischen Großkonflikt in Deutschland auszulösen. Es sei ein „Affront“ und skandalös, ein solch ethisch-moralisch hochkomplexes Thema kurzfristig „durchdrücken“ zu wollen.
Auch aus der AfD kommt keine Unterstützung für das Vorhaben, im Gegenteil. In ihrem Wahlprogramm, das im Januar verabschiedet werden soll, ist vorgesehen, dass Schwangerschaftsabbrüche nur noch bei kriminologischer oder medizinischer Indikation erlaubt sein sollen.
Entsprechend kontrovers verlief die Debatte im Bundestag. Die Initiatorin des Gruppenantrags, Carmen Wegge (SPD), wies auf bestehende Versorgungslücken hin und betonte, dass diese nur durch eine Änderung des Strafgesetzbuchs verbessert werden könnten. Die Vorsitzende des Rechtsausschusses, Elisabeth Winkelmeier-Becker (CDU) kritisierte hingegen, dass der Schutz des ungeborenen Lebens in dem Entwurf vernachlässigt werde. Dorothee Bär (CDU) beklagte eine „völlig falsche Tonalität“ in der Debatte. Die FDP-Abgeordnete Gyde Jensen zeigte sich einer Reform gegenüber zwar offen, mahnte aber an, sich mehr Zeit für diese Debatte zu nehmen und erst in der nächsten Legislaturperiode über einen – erneut einzubringenden – Gruppenantrag zu entscheiden. Dies wiederum zog heftige Kritik der Unterstützer des Gesetzentwurfs auf sich, die darin eine unnötige Verzögerung sahen.
Unterdessen haben mehr als 70 Verbände, darunter der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB), die Gewerkschaft ver.di, Terre des Femmes und der Deutsche Ärztinnenbund in einem gemeinsamen Aufruf dazu aufgefordert, dem Gesetzentwurf zuzustimmen. Am 7. Dezember demonstrierten zudem in Berlin und Karlsruhe zahlreiche Menschen für eine Entkriminalisierung des Schwangerschaftsabbruchs. Nach Angaben der Organisatoren nahmen in beiden Städten insgesamt 7.000 Menschen an der Demonstration teil.