medstra-News 95/2025 vom 14.10.2025
Die Bundesländer dringen auf neue gesetzliche Regelungen, um einer größeren Anzahl schwerkranker Menschen in Deutschland ein lebensrettendes Spenderorgan zu ermöglichen (s. auch medstra-News 17/2025). Am 26. September 2025 hat der Bundesrat einen erneuten Vorstoß zur Einführung der Widerspruchslösung bei Organspenden unternommen.
Die Änderung würde dazu führen, dass künftig jeder Mensch als Organspender gilt, der dem nicht zu Lebzeiten widersprochen hat, beziehungsweise die Ablehnung nicht auf andere Weise bekundet hat. Sollte es zu einer Neuregelung kommen, könnte ein Widerspruch im Organspende-Register, in einer Patientenverfügung, in einem Organspendeausweis oder auf andere Weise festgehalten werden. Zum jetzigen Zeitpunkt ist eine Entnahme von Organen nur zulässig, wenn der verstorbene Mensch zu Lebzeiten ausdrücklich zugestimmt hat.
Bei der Zahl der Organspenden im europaweiten Vergleich liegt Deutschland seit Jahren am unteren Ende der Tabelle (s. bereits medstra-News 59/2025 zum leichten Anstieg bei den Organspenden). Im vergangenen Jahr spendeten hierzulande 953 Menschen nach dem Tod ihre Organe, wobei insgesamt 2.854 Organe entnommen wurden. Mehr als 8.100 Menschen standen gleichzeitig auf der Warteliste für ein Spenderorgan.
Befürworter der Widerspruchslösung betonen, dass sämtliche bisher beschlossenen Maßnahmen zur Steigerung der Spenderzahlen keine Wirkung gezeigt hätten und eine Neuregelung erforderlich sei. Seit Langem sprechen sich die Bundesärztekammer und der Deutsche Ärztetag für eine Widerspruchslösung aus. Schweigen sei keine Zustimmung, erklärte hingegen die Deutsche Stiftung Patientenschutz. „Auch greift die Widerspruchslösung erheblich in die körperliche Unversehrtheit ein“, sagte Vorstand Eugen Brysch und widersprach der Einschätzung, dass allein eine Widerspruchslösung zu viel mehr Transplantationen führen werde.
Peter Dabrock, der ehemalige Vorsitzende des Deutschen Ethikrats, sprach sich wiederholt für eine Entscheidungspflicht aus. Zum Beispiel würde sich jeder Erwachsene bei der Ausstellung des Personalausweises zu seiner Haltung zur Organspende äußern müssen. In einem Zentralregister würde die Entscheidung erfasst werden, gleichzeitig wäre sie jederzeit revidierbar.
Schon im Juli 2024 hatte der Bundesrat einen Gesetzentwurf zur Änderung eingebracht, der jedoch der Diskontinuität unterlag. Es gibt keine Frist, innerhalb derer sich der Bundestag mit dem neuen Gesetzesentwurf befassen muss.
